Tcha Limberger

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CONCERT REVIEW – Limberger, Clement, Csikos – RPOnline

07.03.2017 Schwermütig und lustig: Die wunderbare Musik der Roma.

Stadt Kempen. Trennungsschmerz tut weh. Allerdings: “Wenn du schon gehst, dann bleib aber auch ganz weg.” Derartige, durchaus auch weniger rabiate und liebevolle Botschaften steckten in Liedern, die im vierten “Weltmusik”-Konzert in der Paterskirche große Begeisterung hinterließen. Sie wurzeln in der Tradition osteuropäischer Sinti und Roma und wurden meisterhaft dargeboten von Tcha Limberger und seinem Trio. Limberger stammt aus diesem Kulturkreis. Er nennt sich selbst – political correctness hin oder her – mit dem alten Fachbegriff Zigeunergeiger und bezeichnet die Musik, die er und seine beiden Partner so hinreißend spielen, folgerichtig auch als Zigeunermusik. Er ist nach eigener Aussage “nur ein halber Sinto”, seine Mutter ist Flämin, die Familie lebt heute in Belgien. Von Gert Holtmeyer
Sein Geigenspiel zeichnet sich zunächst einmal durch alles aus, was man von “Zigeunergeigern” gewohnt ist. Schnelle Finger, Griffsicherheit, Bogengeschicklichkeit und eine vitale Musikalität lassen nichts zu wünschen übrig. Aber das allein ist es noch nicht. Er verfügt über eine gründlich ausgebildete Virtuosität und eine intensive, dichte Tonbildung, besonders in der Tiefe. Gerade die tiefste, die G-Saite, bringt er voluminös zum Klingen. Und darüber hinaus ist er nicht nur Geiger, sondern auch Liedersänger und Gitarrist. Übers Griffbrett der Gitarre wetzt er mit seinen Fingern wie über das der Geige. Gitarre und Geige wechselte er kurzerhand während der Stücke aus; gleichzeitig zu singen und Geige zu spielen machte ihm überhaupt keine Schwierigkeiten.

Für die zweite Gitarre ist üblicherweise sein Vater verantwortlich, der Mann, der die musikalische Familientradition aus dem Karpatenbecken so lebendig an ihn weitergeleitet hat. Leider war er krank geworden und musste ersetzt werden. Allerdings: ersetzen trifft den Sachverhalt nicht richtig, mit Benjamin Clement war ein hervorragender Gitarrist gekommen. Von Abstimmungsproblemen zwischen beiden Gitarristen war nichts zu merken. Beide wechselten sich in Melodie- und Rhythmusgitarre ab, beide erwiesen sich als Meister des Improvisierens. Großen Eindruck hinterließ auch der dritte Mann, Vilmos Csikos am Kontrabass. Der stammt ursprünglich aus Budapest und wohnt heute in Brüssel. Csikos war nicht nur, wie man es von den Jazz-Bassisten her kennt, als Begleiter und Solist ein geschickter Zupfer. Auch mit dem Bogen wusste er in hohem Tempo beeindruckend zu improvisieren. Schwermütiges und Lustiges erklang im Wechsel, in Trink- und Liebesliedern, Walzern und Virtuosenstücken. Limberger sang die Lieder in Romanes, einer Sprache, die nur gesprochen und nicht schriftlich überliefert ist und in voneinander sehr verschiedenen Dialekten existiert. Die Zugabe stammte aus eigener Feder, Limberger hatte sie mit 19 Jahren selbst komponiert.

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